Aktuelles

11. Mai 2019

Erfolgreicher Finanzausgleich, der fast allen mehr bringt

Rückblick auf die Sondersession

Anpassungen beim nationalen Finanzausgleich, Debatte über Wölfe und das Versicherungsgesetz

Vor einem Jahrzehnt erst wurde nach mehrjährigem Seilziehen und zähen Verhandlungen der neue Finanzausgleich (NFA) zwischen Bund und Kantonen eingeführt. Dieses eidgenössische Ausgleichsinstrument auf der Grundlage der gegenseitigen Hilfe prägte die Traktandenliste der nationalrätlichen Mai-Sondersession (7.-9.5.19) Dabei stand der Ressourcenausgleich im Vordergrund.


Es geht um rund 4,2 Milliarden Fr. pro Jahr, die von sieben Geberkantonen mit überdurchschnittlicher Finanzkraft zu 19 Nehmerkantonen mit mageren Kassen fliessen. Für die vorberatende Finanzkommission (FK) schilderte unser St. Galler Fraktionskollege Thomas Müller die Ausgangslage: "Der Schweizer Föderalismus ist ein ausgeprägter Fiskalföderalismus, der Wettbewerb zwischen den Kantonen zulässt, aber nicht schrankenlos. Korrekturen sind mit Blick auf die längerfristige Akzeptanz des Systems vorzunehmen. Dabei steht nicht das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen im Vordergrund, sondern das Verhältnis der Kantone untereinander."


Von staatspolitischer Bedeutung

Als Finanzminister rief unser SVP-Bundespräsident Ueli Maurer folgende Eckwerte in Erinnerung: "Es geht um eine Vorlage von staatspolitischer Bedeutung für den Zusammenhalt des Landes. Das war in den Vorbereitungssitzungen mit den Kantonen und zwischen Bund und Kantonen spürbar."

An der Spitze der Nehmenden steht mit grossem Abstand der Kanton Bern, dem  2019 total 1,187 Milliarden Fr. zufliessen. Am meisten Geld bekommt für das laufende Jahr pro Kopf der Einwohner mit 2288 Fr. der Kanton Jura. Bezahlt wird das mit 2727 Fr. pro Kopf seiner Einwohner grosszügig vom Kanton Zug. Bemerkenswert ist, dass mit Zug, Schwyz, Nidwalden und Obwalden vier der sieben Geberkantone in der Zentralschweiz liegen. Die Reform der Kantone nahm nun der Nationalrat in der Mai-Sondersession unter die Lupe. Ein heisses Eisen war die sogenannte Mindestausstattung. Die steht auch dem ärmsten Kanton zu und lag bisher informell bei 85 Prozent der durchschnittlichen Finanzkraft aller Kantone.

Wer bekommt mehr oder weniger?

Neu wurde nun mit der Reform des Bundesgesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich ein gesetzlicher Mindestanspruch von 86,5 Prozent festgeschrieben. Umstritten war die Aufteilung des Bundesbeitrags an den Lastenausgleich um 140 Mio. Fr. pro Jahr. Die Mehrzahl der Kantone sowie Bundesrat und Ständerat waren für Zuweisung des ganzen Betrags in den soziodemografischen Ausgleich. Davon profitieren Kantone mit vielen Sozialhilfebezügern und Rentnern. Ländliche Kantone versuchten, die Hälfte des Betrags in den topografischen Lastenausgleich umzulenken, um Gebirgskantone zu begünstigen. Wie der Ständerat hat sich auch der Nationalrat aber hinter die von 22 Kantonen mitgetragene Lösung gestellt.

Alles in allem: Zürcher, Zuger, Genfer und Basler müssen ab 2020 weniger an den Finanzausgleich (NFA) zahlen. Die Entlastung der wirtschaftlich starken Geberkantone ist das Hauptmerkmal der Reform. Unsere Fraktion unterstützte die Reform und den Kompromiss. Zudem hat die Fraktion eine Standesinitiative des Kantons Luzern unterstützt. Diese fordert, Fehlanreize im nationalen Finanzausgleich mit einer tieferen Gewichtung der Unternehmensgewinne zu beseitigen. Damit bekämen Nehmerkantone mehr Anreize, ihre Finanzlage selber zu verbessern.


Wie viele Wölfe erträgt die Schweiz?

Mit Änderungen des eidgenössischen Jagdgesetzes packten Bundesrat und Bundesversammlung die Herausforderungen an, die sich vor allem im Bereich des Wildschutzes immer dringender abzeichneten. Diese Gesetzesrevision hat das Parlament verlangt. Der Wolf war in der Schweiz im 18. und 19. Jahrhundert ausgerottet worden. Heute leben mehrere Rudel mit etwa 50 Wölfen hier. Pro Jahr werden rund 220 Nutztiere von Wölfen gerissen, mehrheitlich Schafe.

Unser Walliser Fraktionskollege Franz Ruppen, der auch Vorstandsmitglied des Vereins "Lebensraum Wallis ohne Grossraubtiere" ist, veranschaulichte die Zustimmung der SVP-Fraktion zur Jagdgesetzrevision. "Der Wolf ist keine vom Aussterben bedrohte Tierart", sagte Ruppen, "die Wolfspopulation in Europa ist rasant am Wachsen." Es gebe in der dicht bevölkerten Schweiz keine Region, die gross genug sei, um den Wölfen artgerechte Lebensräume zu bieten. Die Wolfsproblematik beschränke betreffe immer mehr auch das Mittelland und die Agglomerationen.

Keine Scheu vor Menschen

Dazu berichtete Ruppen: "In den letzten Monaten sind Wolfsrisse ausser in den Kantonen Wallis und Graubünden auch in den Kantonen Uri, Schwyz, Glarus, St. Gallen, Bern, Thurgau, Luzern, Zug, Aargau und in der Westschweiz vorgekommen. Auch im Kanton Zürich gab es Wolfsvorkommen. Der Wolf verliert immer mehr die Scheu vor dem Menschen und kommt immer näher an die Siedlungen." Man müsse darum die Bestände regulieren können, ohne dass ein grosser Schaden vorliege.

So sah es auch die Mehrheit des Plenums nach einer ausführlichen und sehr emotionalen Debatte. Eine linke Kommissionsminderheit beantragte erfolglos, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, der Biodiversität und dem natürlichen Ökosystem mehr Gewicht zu verleihen. Der Nationalrat entschied jedoch, den Schutz des Wolfes in der Schweiz deutlich stärker zu lockern. Künftig soll der ganze Wolfsbestand reguliert werden können. Die Behörden sollen Tiere zwischen dem 1. September und dem 31. Januar zum Abschuss freigeben dürfen, bevor Schaden entstanden ist. Der Nationalrat verlangte eine Dezimierung des Wolfsbestandes bei jedem drohenden Schaden und auch ohne Herdenschutzmassnahmen. SP und Grüne kritisierten, damit werde der Wolfsschutz völlig ausgehöhlt. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat das Jagdgesetz mit 115 zu 67 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Nun ist wieder der Ständerat am Zug.


Versicherungsgesetz zum zweiten...

Das geltende Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist über hundert Jahre alt. 2011 unterbreitete der Bundesrat Vorschläge für eine Totalrevision. Das Parlament wies diese 2013 zurück mit dem Auftrag, eine Teilrevision zu ausgewählten Punkten auszuarbeiten. Der zweite Entwurf enthielt weitere umstrittene Änderungen beim Widerrufsrecht, bei der vorläufigen Deckung und der Verjährung, beim Kündigungsrecht sowie bei Grossrisiken, weshalb von linker und grüner Seite sogar die Rückweisung an den Bundesrat beantragt wurde. Nach ausführlicher Eintretensdebatte hat der Nationalrat dann als Erstrat eine zweite Rückweisung an den Bundesrat mit 128 Nein gegen 53 Ja verweigert.

In der Detailberatung wurden umstrittene Änderungen entschärft. So strich man das Recht der Versicherungen, die Vertragsbedingungen einseitig zu ändern. Wegen einer Referendumsdrohung der Konsumentenschützer wurde befürchtet, dass eine Abstimmung darüber bei den eidgenössischen Wahlen vom Oktober 2019 zum willkommenen Geschenk für die Linke hätte werden können. Zu reden gab auch das vorgeschlagene Recht der Versicherungen, ihre Leistungen im Krankheitsfall oder bei Unfällen einzuschränken oder ganz einzustellen. Mit 133 zu 50 Stimmen erklärte der Nationalrat solche Vertragsbestimmungen für nichtig.

Eine wichtige Verbesserung aus Konsumentensicht ist schliesslich das Recht, einen Vertragsschluss innerhalb von 14 Tagen zu widerrufen. Eine Mitte-Links-Minderheit setzte durch, dass das auch für wesentliche Änderungen des Vertrags gilt. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Revision des Versicherungsgesetzes mit 124 zu 26 Stimmen bei 36 Enthaltungen an. Vor allem SP und Grüne verweigerten die Zustimmung.