Aktuelles

27. Februar 2019

Neue Bundesräinnen, neue Departementsverteilung

Vorschau auf die Frühlingssession 2019

Braucht die Schweiz Trusts und Volksinitiative "Mehr bezahlbare Wohnungen" zum Zweiten
Frühling im Bundeshaus bedeutet Rückkehr zur Routine

Am 5. Dezember letzten Jahres wählte die Vereinigte Bundesversammlung die St. Galler FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter (56) und die Walliser CVP-Nationalrätin Viola Amherd (57) zu neuen Mitgliedern des Bundesrates. In der Frühjahrssession 2019 (4.-22. März) werden Justizministerin Keller-Sutter und Verteidigungsministerin Amherd noch vor Ablauf ihrer ersten hundert Tage im neuen Verantwortungsbereich die "Feuertaufe" als Departementschefinnen vor den 246 Mitglieder des National- und Ständerates zu bestehen haben.


Unmittelbar nach der Sessionseröffnung von Montag, 4. März 2019, durch die Tessiner Nationalratspräsidentin Marina Carobbio Guscetti (SP) steht die Ostschweizer Justizchefin Karin Keller-Sutter in beiden Kammern der Bundesversammlung vom ersten bis zum letzten Sitzungstag voll in der Pflicht. Fast zwei Dutzend pralle Dossiers mit unterschiedlichsten Themen, in die sie sich während der letzten 89 Tage vertiefen musste, harren der parlamentarischen Behandlung.
Es geht um die Überstellung verurteilter Personen, eine Änderung des Zusatzprotokolls zum Abkommen mit Bulgarien zur Bekämpfung der Kriminalität, um Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen, um ein Übereinkommen des Europarats für ein Kompetenzzentrum für Föderalismus, um die langfristige Sicherstellung qualitativ hochstehender Dienstleistungen für andere Staaten und im Inland, um den konsequenten Vollzug von Landesverweisungen, die Umsetzung einer fairen Asylpolitik in Bezug auf Eritrea, die wirtschaftliche Wiedereingliederung von Personen ohne konkrete Aussicht auf eine Schuldentilgung und schliesslich um die  Integration von spät zugewanderten Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus EU-, EFTA- und Drittstaaten sowie um das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste, das der Nationalrat als erste Kammer mitsamt dem künftigen Bundesgerichtsgesetz unter die Lupe nimmt.

An Vorschlägen wird's kaum fehlen...

Vergleichsweise glimpflich kommt in ihrer Startsession die neue Vorsteherin des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) weg: Gerade mal zu zwei Motionen wird die Walliser Bundesrätin Viola Amherd am 13. März 2019 im Ständerat die Position der Landesregierung zu erläutern haben - fertig. Da sind bisherige Bundesratsmitglieder bedeutend mehr gefordert. Zum Beispiel Doris Leuthards Nachfolgerin an der Spitze des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), die SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga.

Auf sie warten Differenzen bei der Revision des Fernmeldegesetzes, Verpflichtungskredite im Bereich des Agglomerationsverkehrs und des nächsten Ausbauschritts bei den Nationalstrassen oder auch das Thema, ob und wie den nicht fossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Strassenverkehr zum Durchbruch verholfen werden könnte.

Dass selbst Innenminister Alain Berset nach seinem Präsidialjahr 2018 keine Erholungspause geniessen kann, obwohl er im bisherigen Departement weiter wirkt, dafür sorgt das umfangreiche Paket von Wünschen und Begehren zum heiss umstrittenen Thema "Kostenentwicklung im Gesundheitswesen". An Vorschlägen wird's in beiden Kammern auch diesmal nicht fehlen - ob auch finanzierbare Lösungen daraus entstehen, bleibt abzuwarten.


Trusts in der Schweiz?
Namens der Rechtskommission (RK-N) werde ich zur Sessionsmitte als deutschsprachiger Berichterstatter des vorberatenden Ausschusses zu einem Traktandum referieren, unter dem sich wohl die wenigsten Beobachter etwas vorstellen können. Es geht um die "Einführung des Trusts in die schweizerische Rechtsordnung", welche die FDP-Liberale Fraktion per Postulat vom 27. Februar 2017 zum Traktandum gemacht hat.
Worum geht es? Ein Trust (englische Bezeichnung: trust company) ist ein vertraglich vereinbarter Zusammenschluss mehrerer Unternehmen zu einem Markt- oder Produktionsmonopol. Trusts verfolgen ähnliche Ziele wie Konzerne, können diese aber effizienter verfolgen.
Zur Bearbeitung dieser Thematik wurde eine Expertengruppe eingesetzt. Diese will ein Pflichtenheft zu den Rechtswirkungen von Trusts erarbeiten und gestützt darauf Regelungsmodelle entwickeln. Zudem soll eine Regulierungsfolgenabschätzung zur wirtschaftlichen Relevanz eines schweizerischen Trustinstituts vorgenommen werden. Gestützt darauf will der Bundesrat die Modelle aus rechtlicher und ökonomischer Sicht bewerten und dem Parlament die Entscheidgrundlage zum weiteren Vorgehen liefern.
Bevor diese Arbeiten abgeschlossen sind, wäre es hingegen verfrüht, weitere Schritte festzulegen. Im Widerspruch zur starken Mehrheit der RK plädiert der Bundesrat für die Ablehnung des Auftrags (Motion), er möge bereits jetzt rechtliche Grundlagen für Schweizer Trust schaffen.

Zweite Runde für "bezahlbaren Wohnraum"
In der Dezembersession 2018 bewilligte der Nationalrat zusätzliche 250 Millionen Franken für den gemeinnützigen Wohnungsbau im Sinne eines indirekten Gegenvorschlags zur Mieterverbands-Initiative für "Mehr bezahlbare Wohnungen". Das Volksbegehren empfahl der grossen Kammer wie der Bundesrat zur Verwerfung, und zwar sehr deutlich mit 143 zu 54 Stimmen.
Die vorberatende Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Ständerats beantragt ohne Gegenstimmen, diesen pragmatischen Weg weiter zu verfolgen. Die WAK des "Stöckli" ist überzeugt, dass sich die marktwirtschaftlich orientierte Wohnungspolitik des Bundes bewährt hat und darum mit der Aufstockung des Wohnbauförderungsfonds verfestigt werden soll.