Aktuelles

15. März 2019

Seilziehen um Millionen zwischen Kammern und Fraktionen

Sessionsbericht 2. Woche

Der Ständerat lehnt die Volksinitiative für "Mehr bezahlbare Wohnungen" klar ab, möchte dafür den Fonds de Roulement aufstocken.

Die vom Nationalrat vor einem Vierteljahr kritisch beurteilte und deshalb Volk und Ständen zur Ablehnung empfohlene Mieter-Volksinitiative für "Mehr bezahlbare Wohnungen" fiel auch im Ständerat durch. Der Bundesrat legte dem Parlament als Alternative einen indirekten Gegenvorschlag mit einem Rahmenkredit von 250 Mio. Fr. zur Aufstockung des bestehenden Fonds de Roulement zugunsten des gemein-nützigen Wohnungsbaus vor. Diese sündteure "Geste" beurteile ich als überflüssig.


In der Gesamtabstimmung hiess der Ständerat den indirekten Gegenentwurf zum Volks-begehren für "Mehr bezahlbare Wohnungen" mit 36 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen gut. Die Initiative empfiehlt er Volk und Ständen mit 31 zu 12 Stimmen zur Ablehnung. Als Präsident des Hauseigentümerverbandes Schweiz (HEV) habe ich die Zweitbera-tung im "Stöckli" mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt. Angesichts der Entspannung bei den Mietpreisen kann die Initiative des Mieterverbandes weder als realistisch noch als marktkonform gelten.

Der HEV Schweiz ist zwar erfreut, dass auch der Ständerat die Volksinitiative "Mehr be-zahlbare Wohnungen" deutlich verworfen hat. Die beschlossene Aufstockung des Fonds de Roulement hingegen ist überflüssig und falsch. Bund, Kantone und Gemein-den sind in der Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus bereits sehr aktiv. Der HEV Schweiz lehnt deshalb den Gegenvorschlag und die Volksinitiative ab. Denn nach dem Beschluss des Ständerats zeigt sich: Der Mieterverband soll den Fünfer und das Weggli bekommen. Sogar wenn das Volk die Initiative für "Mehr bezahlbare Wohnun-gen" verwirft, fliessen nämlich mehr Mittel für den gemeinnützigen Wohnungsbau. Schon heute ist dessen Förderung in der Bundesverfassung verankert. Mit dem Fonds de Roulement sowie durch Kreditbürgschaften stellt der Bund genügend Fördergelder zur Verfügung. Seit 2003 hat das Parlament Bürgschaften von über fünf Milliarden Fr. bewilligt. Das sind nicht risikofreie Darlehen, wie die Erfahrungen zeigen: Durch die Wohnbauförderung entstanden dem Bund seit 1995 Verluste von 700 Mio. Fr.


Schrittweise Franchisen erhöhen

Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat mit 26 zu 13 Stimmen einer Änderung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) zugestimmt, um die ordentlichen Franchisen zunächst um 50 auf 350 Franken erhöhen zu können. Künftig sollen die Franchisen per Bundesratsbeschluss regelmässig an die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen angepasst werden. Vorgesehen sind Erhöhungen in Schritten von 50 Franken.

Bei der KVG-Einführung 1996 betrug die ordentliche Franchise 150 Franken. Die Rats-mehrheit stimmte dem vorgeschlagenen Mechanismus zu, um dieses Verhältnis auch in Zukunft wahren zu können. Das sei ein politischer Entscheid, gab Bundesrat und Innenminister Alain Berset zu bedenken. Eine kostendämpfende Wirkung hätten auch frühere Erhöhungen nicht gehabt. Damit werde die Eigenverantwortung der Versicher-ten gestärkt, hoffte Kommissionssprecher Joachim Eder (FDP/ZG). Laut Eder hätten letz-tes Jahr 1,2 Millionen Versicherte bei gleicher Deckung ihre Prämien durch Kassen-wechsel um 40 Prozent senken können.

Das SP-Präsidium hat bereits beschlossen, das Referendum gegen die Franchisenerhöhung zu ergreifen. Die Partei hat ausserdem eine Initiative lanciert, um die Prämien bei zehn Prozent des Haushaltseinkommens zu begrenzen.


SVP für höhere Steuerabzüge
Die pauschalen Abzüge für Krankenkassenprämien werden bei der direkten Bundes-steuer bald erhöht. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Motion von Nationalrat Jean-Pierre Grin (SVP/VD) angenommen. Der Bundesrat muss nun eine Vorlage mit höheren Steuerabzügen für Krankenkassenprämien ausarbeiten. Er will vorschlagen, den Abzug für Alleinstehende von heute 1700 auf 3000 Franken anzuheben. Für Ehepaare wären es neu 6100 Franken statt 3500 Franken. Pro Kind könnten 1200 Franken statt 700 Franken abgezogen werden. Gemäss Finanzminister Ueli Maurer werden höhere Abzüge zu Mindereinnahmen bei Bund und Kantonen von 465 Mio. Fr. im Jahr führen.


Umstrittene Ergänzungsleistungen

Die Reform der Ergänzungsleistungen (EL) ist nach drei Runden nun ein Fall für die Einigungskonferenz. Deren Antrag lautet: Alleinstehende Personen mit mehr als 100‘000 Fr. Vermögen oder Ehepaare mit mehr als 200'000 Fr. Vermögen sollen keine Ergänzungsleistungen mehr beanspruchen können.

Abweichend vom bisher im Nationalrat unterstützten Modell soll dabei das Vermögen in Form des selbstbewohnten Wohneigentums nicht berücksichtigt werden. Wohneigentum fällt unter die üblichen Regeln der EL-Berechnung und wird - abzüglich des Freibetrages - als Vermögen angerechnet. Nach dem Tod von EL-Bezügern sollen die erhaltenen Leistungen von jenem Teil des Erbes, der 40‘000 Fr. übersteigt, an den Staat zurückerstattet werden. Der so bereinigte Einigungsantrag führt zu EL-Einsparungen von 453 Mio. Fr. Er wird zu Beginn der dritten Sessionswoche in beiden Kammern behandelt